Die Kommunikation macht’s!
Der Ehemann meiner Schwester kommt aus San Francisco. Er brauchte drei Monate, um die Grundlagen des Deutschen zu beherrschen, und ein Jahr, um praktisch jeder Unterhaltung zu folgen. Und das Seltsamste an der Sache: Er lernte „trocken“, das heißt, er lernte zuersts die grammatikalischen Regeln, bevor er zu sprechen anfing.
Nun muss man dazu sagen, dass mein Schwager Linguist ist und außerdem ein Studium in Logik abgeschlossen hat. Deutsch ist seine fünfte oder sechste Sprache, vielleicht auch schon die siebte, so genau kann ich das gar nicht sagen. Seine Art und Weise, Sprachen zu lernen, ist nicht nur ein bisschen freaky, sondern auch veraltet. In den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts kam man darauf, dass trockenes Vokabeln-auswendig-Lernen und Grammatikregeln pauken nicht unbedingt zu besonders guten Sprechfähigkeiten führt. Der Linguist Dell Hynes war einer der ersten, der konstatierte, dass man zwar die Grammatik bis ins kleinste Detail perfekt beherrschen könnte, doch dies nichts wert sei, solange man sein Wissen nicht auch im realen Leben anwenden könne. Seitdem kam in Mode, was auch heute noch als die beste Methode gilt, um eine Sprache zu lernen: die sogenannte kommunikative Methode.
Wie die Bezeichnung schon erahnen lässt, geht es bei der kommunikativen Methode um Kommunikation. Im Unterricht soll so viel wie möglich gesprochen werden. Und zwar mit Hilfe von Diskussionen, Rollenspielen, Interviews, Gruppenarbeiten, etc. Linguist Hynes erkannte, dass der effektivste Weg des Sprachenlernens der kalte Sprung ins Wasser ist. Ohne Rücksicht auf Fehler sollte der Lernende sprechen, sprechen, sprechen. Schüchternheit ist dabei kontraproduktiv. Kritiker dieser Methode bemängeln denn auch, dass sich so Fehler im Sprachgebrauch einschleichen könnten, die im Nachhinein nicht mehr auszumerzen seien. Aber natürlich sind Fehler bei der kommunikativen Methode nicht irrelevant. Doch es wird vermieden, den Schüler mitten im Sprachfluss zu unterbrechen und zu korrigieren, um ihn nicht zu entmutigen. Nachher werden die gemachten Fehler in der Gruppe natürlich besprochen, wobei versucht wird, die Schüler dazu zu bringen, ihre Fehler selbst zu entdecken und zu korrigieren.
Dass sich Fehler einschleichen, kann genauso gut bei jeder anderen Lehrmethode passieren. Studien haben ergeben, dass Grammatikkenntnisse und Leseverstehen mit der kommunikativen Methode ebenso gut sind wie mit der traditionellen. Beim Hörverstehen und Sprechen jedoch liegen die Schüler, die mit der kommunikativen Methode gelernt haben, weit vorne. Jedenfalls ist das so bei Normalsterblichen wie mir, die ich nach langjährigem Spanischunterricht erst einige Jahre in Argentinien leben musste, um wirklich jeder Unterhaltung folgen zu können. Genies wie mein Schwager haben es da einfacher. Das Leben ist nicht gerecht.
Welches ist Ihre Lieblingsmethode, um Sprachen zu lernen? Schreiben Sie uns!