Hauptsache konsequent!
Was Sie bei der zweisprachigen Erziehung Ihres Kindes beachten müssen
Dachte man vor dreißig Jahren noch, dass zwei Sprachen ein Kind überfordern, so sind sich Sprachwissenschaftler und Logopäden heute darüber einig, dass eine bilinguale Erziehung für Kinder eine großartige Chance ist – wenn man es richtig macht. Denn zweisprachigen Kindern fällt es viel leichter, weitere Sprachen zu lernen, sie haben ein ausgeprägteres Sprachbewusstsein als einsprachig aufgewachsene Kinder und auch für kulturelle Unterschiede ein besonderes Gespür. Sie lernen früh, dass Wörter ganz unterschiedliche Bedeutungen haben können, dass Sprachen verschieden klingen und dass Gestik und Mimik je nach Sprache ganz anders sind. In ihren Gehirnen entstehen von Anfang an Verbindungen, die ihnen nicht nur das Sprachenlernen erleichtern, sondern auch das logische Denken fördern.
Was man bei der zweisprachigen Erziehung beachten muss, das erklären wir Ihnen heute.
1) Die Eins-zu-eins-Regel
Die allererste Regel lautet, dass Vater und Mutter die Sprachen nicht durcheinander sprechen dürfen. Am besten funktioniert die sogenannte Eins-zu-eins-Regel: Eine Person, eine Sprache. Heißt, dass der Vater die eine Sprache mit dem Kind spricht, die Mutter die jeweils andere. Interessanterweise ist es dann fast egal, welche Sprache die Eltern untereinander sprechen. Das allerwichtigste ist, dabei konsequent zu bleiben. Denn wenn ein Kind nicht von Anfang an lernt, beide Sprachen zu unterscheiden, wird es unter Umständen nie verstehen, beide Sprachsysteme abzugrenzen und keine der beiden Sprachen richtig lernen.
2) Starke Sprache, schwache Sprache
Häufig – nicht immer! – werden beide Sprachen nicht gleich gut erlernt. Meistens ist die Sprache, die auch in der Umgebung gesprochen wird, die Sprache des Wohnorts also, die stärkere Sprache. Einfach deswegen, weil sie viel intensiver gehört und auch gebraucht wird. Um das auszugleichen, gibt es eine ganze Reihe an Mitteln, die schwächere Sprache zu fördern, zum Beispiel Bücher und Geschichten, Fernsehprogramme oder Sprachspiele in der schwächeren Sprache. Speziell für zweisprachig aufwachsende Kinder gibt es eine ganze Reihe an Lernmaterialien, die ganz leicht im Internet zu finden sind.
3) Das soziale Umfeld
Das soziale Netzwerk ist bei der zweisprachigen Erziehung extrem wichtig. Wenn das Umfeld Eltern und Kind suggeriert, dass die bilinguale Erziehung Quatsch ist, kann das erheblich negative Auswirkungen haben. Auch für die Eltern ist es enorm
wichtig, dass sie sich ihrer Sache sicher sind und sich wohl fühlen in der Sprache, die sie mit dem Kind sprechen. Denn ansonsten kann es passieren, dass das Kind eine ablehnende Haltung – meist gegenüber der schwachen Sprache – entwickelt.
4) Je früher desto besser
Je früher die zweisprachige Erziehung beginnt, desto besser. Wissenschaftler fanden unlängst heraus, dass Babies schon verschiedene Sprachen unterscheiden können, wenn sie mit ihnen bereits im Bauch vertraut gemacht wurden. Da der Spracherwerb mit dem Ausbau der Synapsen im Gehirn Hand in Hand geht, ist die Aufnahmefähigkeit eines Neugeborenen nahezu unbegrenzt. Dabei lernen Babies ganz anders ales Erwachsene. Sie achten nicht nur auf bestimmte Signalwörter, sondern auch auf das Sprachtempo, Rhytmus und Sprachmelodie Es ist ein Vorurteil, dass zunächst eine Sprache gut gelernt werden sollte, um eine weitere zu lernen. Und wenn zweisprachige Kleinkinder anfangs beide Sprachen mischen, ist das kein Grund zur Sorge, sondern nur eine Phase, die wieder vorübergeht.
5) Zweisprachige Erziehung bei Alleinerziehenden?
Nicht gerade überraschenderweise findet man herzlich wenig über zweisprachige Erziehung alleinerziehender Eltern. Denn es scheint fast unmöglich, dass eine einzige Person zwei Sprachen mit dem Kind spricht, ohne es zu verwirren. Viele Eltern halten es außerdem für unvorteilhaft, mit dem Kind in einer Sprache zu sprechen, die nicht die eigene Muttersprache ist. Trotzdem gibt es Möglichkeiten. Zum Beispiel kann nach der Drinnen-draußen-Regel vorgegangen werden: Zu Hause sprechen wir Französisch, draußen Deutsch. Wichtig ist, dass die Sprachen für das Kind klar ersichtlich abgegrenzt werden. Damit ein Kind eine Sprache lernt, muss die Sprache von Bedeutung für das Kind sein – also entweder in seinem Umfeld viel gebraucht werden oder von einer Person gesprochen werden, die eine enge Bindung zum Kind hat. Wenn also beispielsweise Oma oder Opa viel Kontakt zum Kind haben, können auch sie dem Kind eine Sprache beibringen. Die einfachste Möglichkeit ist natürlich, als alleinerziehende Mutter oder alleinerziehender Vater einfach die Sprache mit dem Kind zu sprechen, die nicht die Umgebungssprache ist, denn die lernt es von allein. Vorausgesetzt, dass man diese Sprache perfekt beherrscht und sich darin auch wohl fühlt – und, am allerwichtigsten: dass man konsequent bleibt.
Was halten Sie von der zweisprachigen Erziehung? Haben Sie selbst Erfahrung und können uns weitere Tipps geben? Schreiben Sie uns!