Käferkrieg statt Demokratie

Nicht nur in den Nachkriegsjahren wurden Filme zensiert. Auch heute noch wird die Synchronisation dazu genutzt, um deutschen Zuschauern so manches Detail zu verschweigen. 

Vergangene Woche haben wir im Blog von der umfassenden Zensur berichtet, der Filme in den Nachkriegsjahren unterlagen. Mithilfe der Synchronisation wurden den deutschen Zuschauern unliebsame Inhalte verschwiegen. Durch die Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte ist die inhaltliche Manipulation von Filmen heute nicht mehr so einfach. Da Filme heutzutage in Originalsprache verfügbar sind (sei es auf DVD oder im Internet) ist es ein leichtes, solche Zensurversuche aufzudecken. Die zwei Beispiele, über die wir heute berichten, sind daher  schon einige Jahre her.

Nichtsdestotrotz: Mag man noch nachvollziehen können, dass die Verleiher dem Publikum der Nachkriegsjahre keine deutschen Bösewichte zumuten wollten; denn das Kino war nicht unbedingt der Ort, an dem sich die Deutschen den Spiegel vorhalten lassen wollten.

stirblangsamAber Ende der 80er? Denn nicht nur “Casblanca” und “Notorious” (Berüchtigt) wurden für das deutsche Publikum verändert – Es traf auch “Die Hard” (Stirb Langsam), den Action-Klassiker mit Bruce Willis. Aus dem Bösewicht Hans Gruber, Anführer der (erfundenen) Radical West-German Volksfrei Movement wurde in der deutschen Fassung Jack Gruber. Auch seine Gefolgschaft bekam englische Namen verpasst, manche sprechen in der deutschen Version gar mit italienischem Akzent. Wo man schon dabei war, entschärfte man die deutsche Fassung auch gleich noch in sprachlicher Hinsicht: Aus Willis’ Ausruf „Yippie-ki-yay, motherfucker” wurde in der deutschen Fassung „Jippie-Ya-Yeah, Schweinebacke“.

Ein weiteres (besonders ärgerliches) Beispiel für die Zensur eines Films durch die Synchronisation ist “Starship Troopers” (1997). Der Film basiert auf dem gleichnamigen Science-Fiction Roman von Robert Henlein. Darin geht es um eine durch und durch militarisierte Gesellschaft, in der nur jene Menschen als vollwertige Bürger gelten, die zuvor ihren Dienst als Soldaten abgeleistet haben. Nur Sie haben haben den Zugang zu bestimmten Privilegien, dem Wahlrecht zum Beispiel.

In der deutschen Fassung wird dieser Umstand einfach verschwiegen. Aus „Join the Mobile Infantry and save the world. Service guarantees Citizenship.“ („Treten Sie der Mobilen Infanterie bei und retten Sie die Welt. Der Dienst garantiert Bürgerschaft.„) wird: „Treten Sie der Mobilen Infanterie bei und kämpfen Sie für die Zukunft.

Movie-Poster-Starship-TroopersIn der Originalfassung erfährt der Zuschauer, dass Kriegsveteranen die politische Kontrolle über die Welt übernommen haben, nachdem diese außer Kontrolle geraten war:

“This year we explored the failure of democracy, how the social scientists brought our world to the brink of chaos. We talked about the veterans, how they took control and imposed the stability that has lasted for generations since.”

Die Schuld an der Fehlentwicklung wird also der Demokratie und den Sozialwissenschaften (Heute würde man das wohl mit “Gutmenschen” ins Deutsche übersetzen) zugeschrieben. In der synchronisierten Version hat man diese Passage wie folgt ‘übersetzt’:

“Unser Thema war dieses Jahr die politische Entwicklung der Jahrtausendwende. Und wie Außerirdische diese Entwicklung beeinflusst haben. Wir sprachen über die Bugs, wie sie die Erde angriffen und Tausenden unserer Vorfahren den Tod brachten.” 

In dieser Fassung werden also Außerirdische für das Chaos verantwortlich gemacht und ein Krieg erfunden, der so im Original nicht existiert. Paul Verhoevens Dystopie verweist (ebenso wie Henleins Roman) darauf, wie schnell das demokratische System zusammenbrechen kann. Den deutschen Verleihern war dieses Thema wohl zu heiß.

Der Film ist ein besonders gutes Beispiel dafür, wie einige wenige Änderungen im Dialog den Inhalt eines Filmes komplett verfälschen können: Aus einer Satire auf faschistische und militaristische Tendenzen in der Gesellschaft wurde in der deutschen Version ein spaßiger Horror-Trash-Film.

Der Film wurde ein Jahr nach seiner Veröffentlichung von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) indiziert – das heißt der Film ist zwar nicht verboten, darf aber in keiner Weise beworben werden. Die BPjM begründete ihre Entscheidung damit, dass der Film pro-militärisch sei und Gewalt verherrliche. Eine ähnliche Missinterpretation dürfte dazu geführt haben, dass die satirisch gemeinten Elemente aus der deutschen Version getilgt wurden.

 

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