Literatur und Sprache: „Pygmalion“ von George Bernard Shaw
Viele kennen das Musical und den dazugehörigen Film „My Fair Lady”, aber nicht viele wissen, dass es auf einem Theaterstück von George Bernard Shaw basiert. Das Stück wurde bereits 1913 uraufgeführt und sorgte aufgrund seines für damalige Zeit exzessiven Gebrauchs von Schimpfwörtern für Unruhe unter den Feuilletonisten.
Der sprachinteressierte Shaw, der sich im Laufe seines Lebens stark für die Reformierung der englischen Sprache einsetzte, verwob in seinen Werken brisante politische Themen seiner Zeit. So thematisiert er in „Pygmalion“ soziolinguistische und gesellschaftskritische Aspekte, die damals so aktuell waren wie heute.
Das Stück handelt von einem selbstverliebten Linguisten, der im Zuge einer Wette dem armen Blumenmädchen Eliza die gehobene englische Sprache beibringt. Damit möchte er zeigen, dass selbst ein Mädchen aus der Gosse allein durch die Veränderung ihres Vokabulars und ihres Akzents bei der „feinen Gesellschaft“ Londons als Herzogin durchgehen kann. Dabei beherrscht sie zwar oberflächlich diese Sprachnuance, versteht sie aber nicht. Er gewinnt die Wette und ist stolz auf sein „Werk“ – wobei er verfehlt, dass Eliza menschlich ist und Gefühle hat, die er durch sein Spiel fortwährend verletzt.
Das Stück wirft zweifelsohne Fragen auf, die wir uns auch heute stellen müssen: Wieviel sagt der Akzent über den Bildungsstand aus und wie stark werden Vorurteile über einen Menschen anhand seines Ausdrucks geschaffen oder verstärkt? Vielmehr: ist Sprache ein Schlüssel zum gesellschaftlichen Aufstieg, und was sagt die Antwort auf diese Frage das über die Gesellschaft aus? Und besitzt die Elite das Recht, die Unterschicht nach ihren Maßgaben zu formen und zu dressieren?
Spannend, witzig und nachdenklich stimmend ist das Stück allemal. Eine gelungene Verfilmung gibt es auch: Für ihre Drehbuchvorlage bekam Shaw 1939 einen Oscar.