Man bleibt nicht lange allein. Ich kann allen Frauen, die auf der Suche nach einem Mann sind, nur raten: packt eure Koffer und reist los! Ihr lernt dann vermutlich mehr kennen, als euch lieb ist und damit meine ich nicht nur andere Kulturen, euch selbst, sondern auch viele neue Männer und deren merkwürdig getarntes Dating Verhalten.
Eigentlich bin ich nach Bali geflogen um allein zu sein. Fast sechs Wochen lang wollte ich mich nur um meine Bedürfnisse kümmern und mit so wenig Menschen wie möglich kommunizieren. Ist schon auf dem Flug nach Bali gescheitert. Um mich nicht zwischen das verliebte Pärchen quetschen zu müssen habe ich beschlossen mich in die Reihe davor umzuplatzieren. Der Plan war in Ruhe arbeiten und Salat essen. Dann setzte sich der Inder neben mich und verwickelte mich zügig in ein Gespräch. Ich lies beiläufig einfließen, dass ich nicht sonderlich an Dating interessiert sei. Er fasste das easy peasy auf,  erzählte lustige Geschichten und teilte seine Bali Tipps mit mir. Nach der Ankunft besorgte er direkt eine Karte für mein Handy, sich meine Nummer und ein Taxi für uns beide.
Wir verabredeten uns am folgenden Abend für Drinks. Hochmotiviert bin ich mit dem Fahrrad zur Bar gefahren. Der Abend verlief großartig. So großartig, dass ich danach nicht mehr mit dem Fahrrad fahren wollte – sollte. Er, mit vier Mojitos gedopt, mutierte plötzlich zum Lance Armstrong und beschloss mich auf dem Fahrrad nach Hause fahren zu wollen. Ich dachte erst, dass das ja wirklich ein lustige Idee sei, bis mir auffiel, dass es in der balinesischen Pampa nicht klug ist, bei einem wildfremden Mann auf dem Gepäckträger zu sitzen und orderte ein Taxi. Mit Mühe und Not schoben der Taxifahrer und ich das Fahrrad ins nicht weniger quietschende Taxi, während der Inder immer wieder betonte, dass das nicht funktionieren würde. Nun ja, am Ende saßen wir alle drin und noch während wir im Taxi saßen beteuerte ich, dass es gar kein Problem sei ihn auf dem Weg abzusetzen. Er müsse jedoch dringend auf die Toilette und würde sich ein neues Taxi nehmen. Ob er mal kurz mein Badezimmer benutzen dürfe? Ernsthaft? Also für mich kommt das direkt nach lass uns noch einen Kaffee bei mir trinken…
Einen Tag später sitze ich genervt in einem Super-healty-vegan-raw-wir-machen-alle-Yoga-und-sind-glücklich-Restaurant und fluche in mein Handy, während ich versuche mir mit der anderen Hand die Avocado vom Kinn zu wischen. Es gibt wenige Momente, in denen ich mir unattraktiver vorkomme. Den Typen neben mir hält das nicht ab. Ob wir mal einen Saft trinken gehen wollen, er kenne da einen guten Laden. Klar, Saft trinken ist doch harmlos oder?
Zwei Tage später komme ich abends ungeschminkt in Strandsachen zum Treffpunkt. Er, frisch parfümiert mit Hemd erweckt bei mir plötzlich den Eindruck, dass das ein ganz besonderer Saft Laden sein muss.
Das zur Zeit auf Bali lebende chinesische Muskelpaket aus Australien fragt mich nach dem Saft, ob er mir noch einen Special-Place zeigen kann. Ich, naiv wie Schneewittchen, in den stiefmütterlichen  Apfel beißend,  sage ja und wir machen uns auf den Weg zum Strand. Der Special Place hatte schon zu. Soso. Am Strand lang laufend fragte er mich, ob ich tanzen könne. Nee, kann ich nicht und ich habe auch nicht vor das in dieser Nacht noch zu lernen. Schreckte ihn nicht ab. Er startete seine Salsa Playlist und war plötzlich besessen von der Idee mir seine hart erworbenen Tanzschritte beizubringen. Das war ja alles noch ganz lustig, bis seine Tanzschritte immer enger wurden. Da fiel dann auch bei mir der Groschen. Oder der Goldbarren. Jetzt war es für mich an der Zeit ihm auch einen Tanz beizubringen. Den Robotertanz – meine Spezialität! 1. Regel: Abstand halten! 2. Regel: stocksteif Arme immer voraus werfen! 3. Kopf in den Nacken – Doppelkinn freien Lauf lassen und unrhythmisch im Kreis drehen. Das führte wenigstens dazu, dass er das plötzliche Tanzintermezzo einstellen und tiefsinnige Gespräche führen wollte. Schade, gerade jetzt wo es begann Spaß zu machen. Nachdem er mich fragte, ob ich auf asiatische Männer stehe und ob ich schon einmal mit einem ausgegangen sei – was ich verneinte – woraufhin er sich einen Glückskeks freute, beschloss ich, dass der Robotertanz mich so erschöpft hat, dass ich muss nun dringend ins Bett sollte…
Schon wieder in einem Restaurant sitzend, werde vom Wiener Würstchen angesprochen. Spaß macht, dass diese lästigen Standardfragen uns beide nicht interessieren. Wir stellen fest, dass wir beide zufällig in den gleichen Ort weiterreisen und verabreden uns dort. Als wir uns treffen, sieht er etwas blass um die große Nasenspitze aus. Er habe wohl heute etwas komisches gegessen. Kann ja mal vorkommen auf Bali. Ich, stark dafür nicht ins gleiche Restaurant zu gehen, teile kameradschaftlich meinen Vomex Vorrat mit ihm. Erst als er im Restaurant plötzlich auf der Toilette verschwindet und sein Körper lautstark versucht sich vom Übeltäter zu befreien wird klar wie viel dringender er die Dinger benötigt als ich. Ich schlage vor ihn nach Hause zu bringen, er schwört, dass es ihm nun schon viel besser ginge und stürzt seinen Ingwertee hinunter. Dass das nicht die beste Idee war beweist sich 20 Minuten später, nachdem ich ihn verantwortungsbewusst ins Hotel gebracht habe. Ein kurzzeitiger Energieschub sorgt bei ihm dafür, dass er eine Box mit DVDs hervorkramt und vorschlägt noch einen Film zu schauen. Noch während er versucht dem indonesischen DVD Player seinen Willen aufzuzwingen sprintet er ins Bad. Der Ingwertee… Ich könne doch noch über Nacht bleiben, müsse jetzt nicht gehen, das würde ihn nicht stören, großes Bett usw…
Ein paar Tage später sitze ich, schon wieder allein essend – scheint eine magische Wirkung zu haben – in einem Restaurant und arbeite. Am anderen Ende vom Raum sitzt der hawaiianische Romanschreiber, der leidenschaftlich surft und versucht krampfhaft Blickkontakt aufzubauen. Mutig wagt er sich schnurstracks von einem Ende des Raumes zum anderen an meinen Tisch. Auf mein Salz hat er abgesehen. Und meine Nummer. Nein, denke ich mir. Auch Schneewitchen lernt am Ende, dass sich hinter jeder Kostümierung ihre Stiefmutter versteckt.
Während ich mir kurzerhand überlege welche Lieferservice Optionen es auf Bali gibt lerne ich das Schweizerli kennen. Er, ebenso angetan von Lieferservicen, geht nicht gern allein essen. Jetzt weiß ich auch warum, ich bin mir jedoch nicht sicher, ob der Inder, das Wiener Würstchen, der chinesiche Australier und der hawaiianische Romanschreiber es auch bei ihm probiert haben. Das Gute ist, dass wir dann fast nur noch gemeinsam essen gegangen sind. Wir haben nicht nur die gleiche Vorliebe für Desserts, sondern auch eine für Mojitos. Der Unterschied zu den anderen ist, dass er dann nicht versucht noch mein Bad zu benutzen, mir keine Salsa Tanzschritte beibringen will, das Essen besser verträgt und nicht an mein Salz will.

 

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