Wenn Sprachen schwinden
Einer der eindrucksvollsten Vorträge während meines Studiums begann damit, dass der Professor zu Beginn ein Tonband abspielte, auf dem eine alte, zittrige Stimme in klagendem Ton und unverständlicher Sprache zu hören war. Keiner der Studierenden wusste etwas damit anzufangen, und zu Beginn wurde noch gescherzt und gemurmelt. Doch irgendwann verstummte auch das letzte Geräusch in dem Raum und alle lauschten gebannt dieser alten Frau mit ihrer traurigen Stimmfarbe. Dann plötzlich schwieg sie, und der Professor stellte das Tonband aus. Dann sagte er: „Diese Frau ist vor einigen Jahren gestorben. Und mit ihr das Akkalasamisch, denn sie war die letzte Sprecherin.“
Kurz vor ihrem Tod reisten Linguisten zu der alten Frau, um die Eigenschaften der Sprache zu dokumentieren. Dazu machten sie Tonbandaufnahmen, ließen die Frau frei sprechen und Sätze und Wörter in ihre Sprache übersetzen. Damit konservierten sie die letzten Reste dieser Sprache, deren Sprecher aus dem südwestlichen Murmansk in Russland ansässig waren. Ihre Sprache gilt nun als ausgestorben, da es keine lebenden Sprecher mehr gibt.
Auf der Welt gibt es viele bedrohte Sprachen, wobei diese in verschiedene Untergruppen unterteilt werden. So ist z.B. Walisisch gefährdet und Niedersorbisch ernsthaft gefährdet. Es gibt viele fast tote, also moribunde Sprachen, wie die einiger Indianer- oder Aboriginestämme. Naturkatastrophen, Kriege und Unterdrückung aber auch Migrationsbewegungen und soziale Anpassung führen zu dem Aussterben der Sprachen.
Übrigens: Wer sich für die Verteilung von Sprachen auf der Welt interessiert, der ist hier www.ethnologue.com gut aufgehoben. Hier kann man sehen, in welchem Land welche Sprachen gesprochen werden und welche davon in welchem Grad gefährdet sind.